Ein paar Stunden Ende April im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, um eins, zwei Ausstellungen zu besuchen. Und da findet man sich in einer modernen Wunderkammer wieder. Natürlich nicht in einer solchen, die auf eine eigene aristokratische Vergangenheit mit ihren Vorratskammern exotischer Fundstücke zurückgreifen kann.
Obgleich vorab wohl schon mit Vorstellungen, was denn vor allem zu besichtigen, fand sich bei den zahlreichen laufenden und permanenten Ausstellungen ein reiches staunenswertes Angebot von Kunst, Handwerkskunst und Design, wovon hier nur ein kleiner begrenzter Eindruck zeugt, darunter ein Blick ins rosa Zimmer der Glitzer-Schau, Einblicke ins Einrichtungsdesign der Spiegel-Redaktion Ende der 60er, der Bildteppich Mädchen mit blauer Schale von 1929, diverse Stuhlmodelle wie der SOLID-Stuhl aus Stahl und Beton (1985) oder der von Frank Gehry aus Wellpappe sowie in die Dauerausstellung zum Zinn plus einer fiktiven Materialbiografie von Studierenden:
Schon das kleine Foyer verschafft einen farbenfrohen Empfang, vor allem wenn es sich dann öffnet zur breiten Wendeltreppe hin mit ihrem seit 2022 weißen kinetischen Erlebnistraum der links und rechts schwebenden Seidenblüten, geschaffen von dem Künstlerduo Drift.
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Zwei Attraktionen im ersten Stock, die sich rechts und links mit weit offenen Türen anbieten. Links die Ausstellung Glitzer „als Ausdruck der Freude, Mittel des Protests, der Performance und Popkultur, als Symbol der Sichtbarmachung marginalisierter Gruppen und des Widerstands gegen Körpernormen“.
Rechts dann die niederländische Künstlerin Hanne Friis mit ihren soften Woll-Skulpturen – wundervoll und froh, wer die noch rechtzeitig erhaschen konnte, obgleich schon monatelang geöffnet und nun leider auch schon wieder geschlossen.
Auf kunoweb.de wurde sie schon vor Monaten vorgestellt, nun das Ganze noch von einer Reihe visueller Eindrücke ergänzt. Die Werke so in den Räumen aufgehängt und ausgestellt, um sie aus einer Vielzahl von Perspektiven in ihren Faltungen, Verwerfungen, Tiefen und Abgründen fast haptisch wahrzunehmen. Reine Vergnügungen, um mit Brecht zu sagen, was Lust an Kunst bereitet und den Titel Schönheit verdient. Keineswegs verwegen von der Autorin, das als Bildhauerei zu definieren, was sich in ihrem Begriff der Soft Sculptures so sinnlich ausdrückt.
Mehr von der Textilkünstlerin zu ihrer Arbeit im Video, einer nach eigenen Worten ursprünglich einer eher „frustrierten Malerin“.
Die 19 skulpturalen Arbeiten geben einen Überblick über ihr Werk, darunter raumgreifende Objekte aus Latex, Seide, Samt, Wolle und Gore-Tex sowie neue Textilarbeiten, die eigens für die Hamburger Ausstellung gefertigt wurden. Mit diesen „Soft Sculptures definiert Hanne Friis den Begriff Bildhauerei neu. Ihre Objekte scheinen wie lebendige, organische Strukturen aus Wand und Boden zu wachsen, oftmals verändern sie ihre Form im Laufe der Zeit. Darüber hinaus sind die besondere Arbeitsmethode und die hohe handwerkliche Qualität kennzeichnend: In Handarbeit formt, faltet und verdichtet Hanne Friis die Stoffe und verarbeitet sie mit Nadel und Nylonfaden in Handstichtechnik“ (Subtext des Videos).
...mit Fotos, Videos, Texten von einer spannenden Schau auf etwas gedrängter Ausstellungsfläche (per Klick aufs Foto oben) sowie einigen sehr subjektiven Fotoeindrücken sowie einem Video zum Angedenken an Oliviero Toscani, ebenfalls in Hamburg präsent.
April 2025 Paul Kroker
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