Mutterland, Kiew (2023)
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Gemälde von Nazanin Pouyandeh
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Regina Zacharski, Tagebuch einer Pandemie

 

 

Regina Zacharski

 

 

 Z

 

 

 

Liebe Kunstinteressierte, liebe Freundinnen und Freunde,

 

das Herzstück dieser Ausstellung ist der E-Katalog zur Corona-Chronik der Künstlerin Regina Zacharski, der fünfundneunzig Prozent der gezeigten Bilder und Texte ausmacht.

Deshalb steht er hier am Anfang, kann zu jeder Zeit durchgeblättert, in Vergrößerung und in aller Ruhe angeschaut und gelesen werden. Wir wünschen viel Spaß und wären am Ende für eine kleine Anmerkung und Kritik dankbar.

 

10.02. 18.00 Webinar, ZAWiW, Uni Ulm: 

https://us02web.zoom.us/j/88491330722?pwd=N0xjUEQvdEhFU1hSUjNvVUk2Yk9EUT09

 Moderation: Dr. Markus Marquard

 

24.02. 18.00 Führung durch die Ausstellung

mit Künstlerin und Kurator per Klick:

https://us04web.zoom.us/j/79581568931?pwd=Z-oozjOGj2RdfW9hbIJ4MhTVj1rQVS.1

 

Regina Zacharski wusste anfangs nur, dass sie von ihrem Anspruch her sich auf Corona einlassen wollte und musste, konnte naturgemäß aber nicht wissen, wie lange ihre Wochenchronik dauern würde, mit der sie in Bild und Wort diese moderne Seuche seit zwei Jahren begleitet und dann auch noch solange begleiten muss! Und eine Ende ist noch nicht wirklich absehbar.

Die Künstlerin ist bei KUNO alles andere als eine Unbekannte dank zweier Ausstellung im Blog, einmal mit einer Gruppenausstellung (Juni 2020) sowie im letzten Jahr als Einzelkünstlerin. Und so kamen sie und Paul Kroker überein, für den Februar des Jubiläumsjahrs zum 10. von KUNO und mit dem einhundertsten Beitrag ihres Corona-Zyklus' eine Zwischenbilanz ihres künstlerischen Schaffens in den letzten zwei Jahren zu präsentieren. Und zwar mit einem E-Katalog im Rahmen einer Ausstellung unter dem gemeinsamen Titel Z.

 

Ein Schelm, wer jetzt denkt, Z sei zu interpretieren mit Bezug auf Zyklus, Zwischenbilanz, Zacharski, vielleicht noch auf Zeitzeugenschaft. Und eventuell noch auf ein andres Z-Wort? Richtig, auf den 1969er Film Z von Costa-Gavras mit Irene Papas und Yves Montand als cinematografisches Freiheitsmanifest gegen die damalige Militärjunta in Griechenland.  

Und wir können verraten: so ist es tatsächlich!

 

 

 

Regina Zacharski hatte schnell geahnt: "Corona markiert eine Zeitenwende" und folgte ihrem Kunstbegriff nach Joseph Beuys, dem zufolge Kunst sich in gesellschaftliche Prozesse kreativ einzumischen hat und zwar im Sinne der ganzen Gesellschaft. Und sie tut das über den Weg, der ihr maximale Wirksamkeit für ihre Kommunikation verspricht, nämlich die Vernetzung im Web und per Social Media.

 

Sie greift dabei zu Wort und Bild als zwei Formen des Kommentars und nicht, weil beide so harmonisch miteinander kommunizieren müssten, indem die Texte die Bilder erklären oder die Bilder die Texte. Das kann manchmal geschehen, des öfteren aber auch nicht. Was Kunst und Text von eben solchen Ansprüchen befreit, sie können nun fast autonom nebeneinander bestehen, erinnern an dieselben Momente auf ganz unterschiedliche Weise. Und fordern das Gedächtnis des Publikums heraus, was man selber damals dachte, fühlte, verabscheute, ersehnte vor nicht allzu langer Zeit im Angesicht dieser Katastophe, die einen selber nun betraf und weiterhin betrifft.  Und dann auch, ob die Bilder von Regina Zacharski uns etwas angehen und wieso eigentlich.

Wie vielleicht die Nr. 56 von Anfang 2021 mit dem fast sprechenden Titel Morgen Grauen, ein wahres Memento mori zum Jahr davor mit den Militärkonvois des Todes in Norditalien, in Bergamo, in Codogno. Auf der dazugehörigen Abbildung ein rotgetränktes Szenario, unten an der Türschwelle schwappt etwas unheimlich, leise ins Bild hinein.

Stellt sich hier die Künstlerin bildnerisch der Angst, die uns alle ergreift, die manche vielleicht nicht wahrhaben wollen, andere verdrängen oder querdenkerisch kompensieren und gar ausleben in Hass und Aggressivität gegen andere/s? Schreiben dagegen tut sie mit der Lebenserfahrung von einem Jahr Pandemie vom "Traum einer globalen Welt offener Sicht- und Denkweisen, der auch Gestaltung und ein Krisenmanagement voller gegenseitigem Respekt und Verantwortung" erfordere. Ein starker, wirkmächtiger Kontrast zwischen Bild und Text.

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96  Emergency / 12. Dezember 2021 /

Die Welt kämpft an verschiedenen Fronten. Corona und der Klimawandel drohen uns zu erdrücken. Während die vierte Corona-Welle scheinbar unaufhaltsam ihre zerstörerische Wirkung zeigt, versuchte die UN- Klima-Konferenz 2021 in Glasgow mit zweifelhaftem Erfolg das Schlimmste zu verhindern. Es ist deprimierend mit anzusehen, wie sich Anspruch und Wirklichkeit aufgrund von Einzelinteressen immer weiter von einander entfernen. Die pandemische Lage spitzt sich wegen immer gefährlicher werdender Mutationen und der mangelhaften Impfbereitschaft zu vieler Menschen dramatisch zu. Im Kampf gegen den Klimawandel wurden aus monetären Gründen und der damit einher gehenden Verharmlosung wertvolle Jahre vertan. Entschlossenes Handeln und ganzheitliches Denken sind jetzt wichtiger denn je. Wir stehen am Abgrund, klein-klein geht nicht mehr.

97  Weihnachten 2021 / 19. Dezember 2021 

Sehnsucht wird als das schmerzliche Verlangen nach Personen, Sachen, Zuständen oder Zeitspannen beschrieben - eine „Krankheit “, die mehr und mehr Menschen, nicht zuletzt wegen dieser schier unendlichen Corona-Pandemie befällt. Und immer ist es die Hoffnung auf Erfüllung dieser Sehnsüchte die uns vorantreibt. Frieden, Sicherheit und ein auskömmliches Leben stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste. Die Christen dieser Welt feiern ihr Weihnachtsfest, die Geburt Jesus Christus'. Es ist die Botschaft der Liebe, die diesem Fest ihre besondere Kraft verleiht. In diesem Sinne wünsche ich allen Menschen der Welt die Erfüllung ihrer Sehnsüchte und dazu die Kraft zum Frieden und zur Liebe.

98 Neujahrs-Tango/ 26. Dezember 2021 

Es ist zum Verzweifeln, die goldenen Pumps hängen im weichen Beutel am Haken, daneben das kleine Schwarze, griffbereit bei der Tür. Wieder wird es nichts, nun schon das zweite Jahr. Corona zeigt kein Erbarmen. Ein Neues Jahr wird geboren. Was wird es uns bringen? Ich will, dass es anders wird - schöner, wie ein Traum vom Fliegen in ein anderes Land der Hoffnung und der Wärme, weit weg von Corona.

99 Corona fatalis/ 2. Januar 2022 

Wie geht es weiter, was wird sein? Die Zukunft liegt im Nebel. Können wir Corona besiegen und wenn überhaupt, wie viele Tote werden wir noch beklagen müssen? Werden wir das Klima versöhnen können und zu welchem Preis? Werden Kriege und Hunger jemals enden? Die Liste der Ungewissheiten ist lang. Es ist, als bräche alles auf einmal über uns herein. Seien wir aber ehrlich, den größten Anteil an allem Unglück tragen wir Menschen durch unser eigenes Handeln bei. Stellen wir uns eine Welt vor, in der jeder einzelne Mensch befähigt ist, freien Anteil an der Gesamtheit des Wissens zu haben, so ist die Zukunft doch transzendental, denn sie erschließt sich nur dem/r Visionär/in.  Bewege Dich mit dem Druck der Zeit und nicht dagegen.

100 Vertrauen / 9. Januar 2022 

Die subjektive Überzeugung von der Richtigkeit allgemeinen Handelns schwindet zunehmend. Der verzweifelte Kampf gegen die Corona-Pandemie mit all seinen Widersprüchlichkeiten lässt Misstrauen gegen alles und jeden in weiten Teilen der Gesellschaft wachsen. Sogar Freiheits- und Gleichheitsrechte werden neu bewertet und diskutiert. Das in diesem Zusammenhang bemerkenswerteste Ereignis dürfte die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur sog. Triage sein, die ihren Ursprung im mangelnden Vertrauen einer Menschengruppe in die Institutionen hat. Natürlich ist es wichtig für rechtliche Sicherheit zu sorgen und gerade zum Schutz vor Diskriminierung, aber es ist alles nichts ohne Vertrauen. Respekt kann man einfordern, Vertrauen muss man gewinnen.

 

Das macht diese Chronik von Zacharski so stark, dass sie gesellschaftliche Probleme, pandemiebedingt oder nicht,  antickt und auch mal etwas tiefer greift, dabei wenig auslässt, weder Grundfragen menschlicher Existenz, die sich aus den Abstandsgeboten ergeben, noch soziale und politische Fragen oder die, die Kolonialismus und Rassisimus sowie die Unterdrückung von Frauen betreffen.

 

 

Regina Zacharskis Sinn für Menschliches und Menschlichkeit ist hellwach wie ebenso ihr Sinn für gelungene ästhetische Gestaltung.

 

 

Paul Kroker

 

 

 

 

 

 

 

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